Ein Besuch in Florenz

Das Museo Novecento

Der Mensch lebt ja bekanntlich nicht vom Brot allein. Und so habe ich die kurze Lektüre eines Artikels im Informatore-Magazin der sozial engagierten Supermarkt-Kette COOP-Firenze über eine Aus­stel­lung im Florentiner Kunstmuseum „Novecento“ zum Anlass für einen Kurztrip in die Toskana-Metropole genommen. Ich muss gestehen, dass mir dieses Museum bisher noch nicht bekannt gewesen ist, obwohl die Stadt schon seit mehr als 30 Jahren immer wieder das Ziel meiner Italien-Reisen war und ist.

Daher bin ich gespannt was mich erwartet, während ich mit dem Zug von Ponte­dera nach Florenz fahre. Das Museum exis­tiert erst seit einem Jahrzehnt, ist jedoch in einem wunder­schönen histo­rischen Gebäude, dem ehe­maligen Hospi­tal gegenüber der bedeu­tenden Kirche Santa Maria Novella, unter­gebracht. Es konzen­triert sich auf Kunst­werke des 20. und 21. Jahr­hun­derts und beher­bergt eine perma­nente Samm­lung, die durch Schen­kungen bekannter Künstler, ein­schließ­lich einer beein­druck­enden Samm­lung von Alberto Della Ragione, die er der Stadt 1970 übergab, entstanden ist. Anlass für den Besuch ist, wie eingangs erwähnt, die Aus­stellung Ritorni. Da Modigliani a Morandi.“, die unter anderem große Werke der Sammlung Della Ragiones aus Anlass des 10 Jährigen Bestehens des Museums mit- und nebeneinander präsentiert.

Voller Vorfreude verlasse ich in Florenz im Bahnhof Santa Maria Novella den Zug und mache mich auf den kurzen Weg zur gleichnamigen -schon erwähnten- Kirche, die unter anderem ein herrliches Kruzifix von Giotto beherbergt, und dem gegen­über­liegen­den Museum. Dort an­ge­kom­men werde ich herzlich von zwei Schülern aus einem Liceo empfangen, die im Rahmen eines Schulprojektes die Besucher auf Wunsch mit der Geschichte des Museums vertraut machen oder aber Wissenswertes zu den derzeitigen Ausstellungen bereit­halten. Und so nehme ich dankend an und lausche den Worten der engagierten Guides, die mir insbesondere einige Hinter­grund­infor­mationen zu dem deutschen Künstler André Butzer und seinem von Expressionismus sowie Amerikanischer Pop- und Comic-Kultur inspirierten Oevre geben und dessen Werke hier unter dem Titel „Liebe, Glaube und Hoffnung“ präsentiert werden. Dann gehe ich ein Stockwerk nach oben zu dem eigentlichen Ziel: „Ritorni“ (Ritorno: Rückgabe, Rückkehr). Und da trifft man wirklich ganz große Klasse. Thematisch gegliedert u.a. nach Land­schafts­bil­dern, Akten, Stil­leben etc werden die verschie­denen Künst­ler und ihre Werke neben- und gegen­einander gestellt und gespiegelt. Da finden sich unter anderem das einzig ex­is­tie­rende Selbstportrait Amedeo Modiglianis, das er kurz vor seinem Tod quasi als Vermächtnis gemalt hat, beein­druckende Stilleben Giorgio Morandis, die „Kreuzigung“ und andere Werke des verehrten Renato Guttuso und und und... Eine sehr feine, beachtenswerte Ausstel­lung. Ich bin sehr froh, hier gewesen zu sein.

Und als ich das Museum verlasse, ein paar Schritte gehe und dabei tunlichst vermeide, zu nah an den Dom mit seinen Touristen-Strömen zu geraten oder gar bis zum Palazzo Vecchio vorzudringen, laufe ich sozusagen dem Palazzo Strozzi und einer weiteren Kunstausstellung in die Arme: Anselm Kiefer und seine „Angeli Caduti“ , Fallen Angels, werden in dem herrschaftlichen Palast gezeigt, den ich insbesondere während der Jahre 2002 bis 2006, als ich quasi monatlich (meinem damaligen toleranten Vorgesetzten und Ryanair sei Dank) den Flieger von Frankfurt-Hahn nach Pisa genommen habe, um dann mit dem Zug zu meinem Zielort Florenz zu gelangen, regelmäßig besuchen durfte. Da die Ausstellung gerade erst begonnen hat und noch bis zum 21. Juli läuft, mache ich heute nur ein Foto von dem gigantischen „Engelssturz“, der im großzügigen Atrium die Besucher begrüßt und setze meinen Spaziergang fort. 

Ich biege gerade um die nächste Ecke, da sehe ich zufällig die relativ neue und spektakuläre Buchhandlung des Florentiner Verlagshauses Giunti, die im ehemaligen Odeon-Cinema ein wahres Erlebnis-Medienhaus mit Kinosaal und Caffè geschaffen hat. Hier kann man sich nicht vorstellen, dass es einmal einen Abgesang auf die Kultur des geschriebenen und auf Papier gedruckten Wortes geben könnte. So voller positiver Eindrücke setze ich meinen kleinen Rundgang fort aber jetzt merke ich, dass der Mensch nicht nur vom Brot alleine aber doch auch lebt, indem sich ein bestimmtes Hungergefühl einstellt, dass sich nur durch den Verzehr eines Panino in diesem Fall mit Lampredotto (eine Florentiner Spezialität, die aus einem der Kuhmägen, nämlich dem Labmagen, hergestellt wird) stillen lässt. Und so nehme ich Kurs auf San Lorenzo und die dortige Markthalle. Da es beim Spezialisten „Da Nerbone“ -so wie um diese Urzeit immer- überfüllt ist, nehme ich mit einem mir auch schon vertrauten Imbisswagen vor der Markthalle Vorlieb und genieße die Köstlichkeit. Dann wird es Zeit für mich zurückzukehren und so schlendere ich gestärkt wieder zum Bahnhof, löse mein Ticket und lasse die Gedanken schweifen.

Herzlichst


Euer Martin

Imbiss
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